von InProgress » Di 29. Dez 2015, 00:05
Vielleicht würde ich sogar fast sagen (und das natürlich nur als außenstehende Beobachterin), dass nicht nur das Geld, dass Isabelle Caro aufgrund ihrer Magersucht erhalten hat, ein Faktor war, der sie darin gehalten hat. Ein weiterer, wichtiger Faktor war mit Sicherheit aber auch der Aufmerksamkeits-Faktor. Sie ist ja erst dadurch und damit berühmt geworden, was das zu sein schien, was sie immer wollte... In dem beinahe unkommentierten Dokumentarfilm "Seht mich verschwinden" war das der Eindruck, der für mich entstand. Eigentlich wollte sie singen, wenn ich mich recht erinnere.
Und mit Sicherheit wäre es toll gewesen, wenn sie genesen wäre und ein Vorbild hätte sein können... Aber so funktioniert ein Hirn, das seit vielen Jahren ja auch nur mangelhaft versorgt wird bei einem so ausgezehrten Körper, wahrscheinlich nicht.
Einerseits war die mediale Aufmerksamkeit genau das, was Isabelle Caro brauchte und wollte. Und auf der anderen Seite war es auch genau das, was sie in den Tod getrieben hat. Eine sehr traurige Geschichte.
Aber während der Dokumentation im Kino ist mir etwas ganz anderes sauer aufgestoßen, was mit Sicherheit auch viel zu oft vergessen wird: Die individuellen Auslöser und Bedingungsgefüge des Ganzen - in der Doku wurde sehr deutlich, dass es für Caro beinahe unmöglich ist, sich von ihrer Mutter zu lösen, weil diese es auch nicht zulässt. Als im Abspann geschrieben wurde, dass die Mutter sich auf ihren Wunsch hin nach ihrem Selbstmord (kurz nach Isabelles Tod) über oder unter (ich weiß leider nicht mehr genau) Isabelles Sarg hat beisetzen lassen. Die beiden liegen also übereinander in der Erde! Nachdem die Mutter sich nach dem Tod ihrer Tochter selbst umgebracht hat!
Als ich das las bin ich fast vor Wut von meinem Kinosessel gehüpft - und ich bin niemand, der schnell oder oft wütend wird. Doch schon den ganzen Film hindurch war das sehr deutlich zu spüren, diese Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die maßgeblich von der Mutter so dicht gewünscht zu sein scheint. Und dann diese Beerdigung... mir ist wirklich ganz anders geworden.
Während ich das so schreibe, fällt mich auch nochwas ein: In einer Szene war Isabelle bei einem Modelcasting als Beraterin, sie wurde von den Organisatoren hinzugezogen, um die angehenden Models auf die Risiken und Gefahren einer Essstörung zu warnen. Aber statt Isabelle WIRKLICH sprechen zu lassen, war sie einfach nur "die Magersüchtige" und kam gar nicht richtig zu Wort. Wie soll man sich da auch von diesem Bild lösen können, das alle von einem haben?
Ich wünsche ihr, dass sie, so gut es eben geht (trotz der Nähe zum Körper ihrer Mutter), in Frieden ruhen kann und jetzt frei ist, von dem, was sie so gequält haben muss in diesem irdischen Leben.